“Der Solar­park ist mei­ne Alters­vor­sor­ge”

30. November 2021

Einblicke in die Praxis: im Gespräch mit Holger Reimer Holger Reimer ist 55 Jahre alt,…

Alina Uppenkamp

“Der Solar­park ist mei­ne Alters­vor­sor­ge”

Beispiel aus der Praxis
Biodiversität
Kommune
Landwirtschaft

Ein­bli­cke in die Pra­xis: im Gespräch mit Hol­ger Rei­mer

Hol­ger Rei­mer ist 55 Jah­re alt, ver­hei­ra­tet und Vater zwei­er Kin­der. Der Land­wirt hat 2009 den ers­ten Solar­park in der schles­wig-hol­stei­ni­schen Gemein­de Klein Rhei­de auf sei­ner eige­nen Flä­che initi­iert. Seit 2013 ist er stell­ver­tre­ten­der Bür­ger­meis­ter der Gemein­de. Im Gespräch mit Son­ne­Sam­meln erzählt er, wie es dazu kam.

Son­ne­Sam­meln: Wie ent­stand die Idee, dass Sie einen Solar­park errich­ten woll­ten?

Rei­mer: Für mich war der aus­schlag­ge­ben­de Punkt, dass unse­re Kin­der den land­wirt­schaft­li­chen Betrieb nicht über­neh­men möch­ten. An dem Punkt habe ich schon mal über erneu­er­ba­re Ener­gien nach­ge­dacht, um mir ein wei­te­res Stand­bein nach der Land­wirt­schaft auf­zu­bau­en. Und natür­lich als Alters­vor­sor­ge. Als Land­wirt ist die Ren­te ja nicht so üppig.

Son­ne­Sam­meln: Und wie wur­de aus der ers­ten Idee dann mehr? 

Rei­mer: Im Sep­tem­ber 2009 bin ich zur Gemein­de gegan­gen und habe die Idee bei der Gemein­de­ver­samm­lung vor­ge­stellt. Damals waren Solar-Frei­flä­chen noch Neu­land für vie­le. Die haben mich mit ganz gro­ßen Augen ange­guckt und kei­ner wuss­te, was ich woll­te. Dass sie dann erst­mal alle Bedenk­zeit brauch­ten, war ver­ständ­lich. Zu der Zeit hat­te ich auch schon einen Pro­jek­tie­rer, der hat aber nicht schreck­lich lan­ge mit mir durch­ge­hal­ten. Dann kam ein neu­er Pro­jek­tie­rer und der hat die Flä­che mit mir über­plant. Ich habe mich auch mit einem Land­schafts­ar­chi­tek­ten aus­ge­tauscht. In der Zwi­schen­zeit hat­te die Gemein­de dann beschlos­sen, dass ich bau­en darf. Aller­dings gab es damals noch kei­nen Flä­chen­nut­zungs­plan, son­dern einen Land­schafts­plan, der nicht bin­dend ist. Dort stand drin, dass die­se Flä­chen als War­tungs­flä­chen in die­sem Land­schafts­plan ange­setzt waren.

Son­ne­Sam­meln: Was waren denn die Reak­tio­nen in der Gemein­de für das Pro­jekt Solar­park?

Rei­mer: Als ich damit auf die Gemein­de zuging, haben nicht alle dar­an geglaubt, dass das Pro­jekt umge­setzt wird. Aber gemein­sam mit dem Land­schafts­ar­chi­tek­ten und dem dama­li­gen Pro­jek­tie­rer haben wir die Geneh­mi­gung bekom­men. Das hat aller­dings ganz schön lan­ge gedau­ert. Die Flug­platz-Betrei­ber in der Nähe der Flä­che hat­ten die Sor­ge geäu­ßert, dass sie beim Über­flug, Star­ten und Lan­den geblen­det wer­den. Ein Exper­te hat dar­auf­hin ein Gut­ach­ten erstellt, um auch die­se Beden­ken zu ver­sach­li­chen. Im Jahr 2009 habe ich begon­nen, bis dann sechs Jah­re spä­ter der ers­te Teil vom Solar­park Klein Rhei­de 2015 ans Netz ging.

Son­ne­Sam­meln: Sie hat­ten also sechs Jah­re lang alle Hän­de voll zu tun und wahr­schein­lich eini­ge schlaf­lo­se Näch­te bis das Pro­jekt an den Start ging.

Rei­mer: Ja, ein paar schlaf­lo­se Näch­te hat­te ich schon. Und dann ist damals die Solar­ver­gü­tung immer wei­ter in den Kel­ler gegan­gen. Damals habe ich René Nis­sen von der Watt­ma­nu­fac­tur bei der Eröff­nung eines ande­ren Solar­parks ken­nen­ge­lernt und wir haben die Pla­nungs­un­ter­la­gen aus­ge­tauscht. Wir haben sie dann noch­mal von sei­nem Anwalt über­prü­fen las­sen und die Watt­ma­nu­fak­tur konn­te anfan­gen zu bau­en. Da fiel mir ein rie­si­ger Stein vom Her­zen.

Son­ne­Sam­meln: Ja, das glau­be ich. Und gab es neben dem Flug­platz Zwei­fel sei­tens der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in der Kom­mu­ne?

Rei­mer: Nein, gar nicht.

Son­ne­Sam­meln: Was ist Ihnen im Rück­blick beson­ders posi­tiv in Erin­ne­rung geblie­ben? Und wie ist dar­aus ein Erfolgs­pro­jekt gewor­den?

Rei­mer: Also vie­le nega­ti­ve Erfah­run­gen habe ich tat­säch­lich nicht. Das hat zwar alles etwas län­ger gedau­ert als wir alle dach­ten, aber letzt­end­lich ist ja doch alles gut und glimpf­lich über die Büh­ne gegan­gen. Die Bevöl­ke­rung freut sich, dass wir in Klein Rhei­de einen Solar­park haben.

Son­ne­Sam­meln: Wie läuft denn der Betrieb des fer­ti­gen Solar­parks ab, vor allem bei der Bewirt­schaf­tung?

Rei­mer: Wenn ein Solar­park gebaut wird, sieht es in der Bau­pha­se alles graus­lich aus. Aber nach zwei, drei Jah­ren ent­wi­ckelt sich ganz von allein Leben. Die Natur holt sich alles zurück. Wir haben ver­ein­zelt Blüh­mi­schun­gen aus­ge­streut. Es ist toll, was sich da über die Jah­re tut. Natür­lich wer­den vie­le Saa­ten von den Vögeln ange­schleppt, die alles mit­brin­gen. Wir set­zen auch weder Pflan­zen­schutz noch Dün­ger ein, sodass die gan­ze Tier- und Pflan­zen­welt ihre Ruhe hat. Was die Mäh­tech­nik betrifft, mul­chen wir nicht, son­dern mähen mit Dop­pel­mes­ser. Wir mähen recht hoch, sodass alle Insek­ten und Rep­ti­li­en geschont wer­den.

Son­ne­Sam­meln: Mit Blick auf heu­te — wie zufrie­den ist denn Ihre Gemein­de mit dem Solar­park?

Rei­mer: Wenn der Solar­park ange­spro­chen wird, fin­den es alle Leu­te toll, dass wir so ein Pro­jekt in Klein Rhei­de haben. Für die Gemein­de bedeu­tet das nicht nur ein posi­ti­ves Image, son­dern auch Gewer­be­steu­er­ein­nah­men. Das kann man sich an fünf Fin­gern abzäh­len. Wir sind eine Gemein­de ohne Infra­struk­tur, wir haben kei­nen Kauf­la­den, gar nichts. Und wir haben auch nicht viel Gewer­be in der Gemein­de. Da ist ein Solar­park natür­lich als Zusatz­ein­nah­me sehr kna­ckig. Unser Dorf Klein Rhei­de ist stark land­wirt­schaft­lich geprägt. Wir hat­ten ursprüng­lich 17 land­wirt­schaft­li­che Betrie­be im Ort, davon sind noch zwei übrig. Das ist in fast allen Dör­fern hier so.

Son­ne­Sam­meln: Haben Sie Emp­feh­lun­gen an ande­re Flä­chen­be­sit­ze­rin­nen und Besit­zer, die sich gera­de im Ent­schei­dungs­pro­zess für einen Solar­park befin­den oder das Gan­ze ansto­ßen?

Rei­mer: Wirk­lich das Aller­wich­tigs­te ist es, zu spre­chen und mit offe­nen Kar­ten zu spie­len. Und kei­ne Angst zu haben als Flä­chen­be­sit­zer. Wenn man meint, man habe geeig­ne­te Flä­chen, soll­te man ruhig auf die Gemein­de­mit­glie­der zuge­hen und sich einen Betrei­ber suchen. Letzt­end­lich hat die Gemein­de die Pla­nungs­ho­heit. Aber wich­tig ist auch, die Bür­ger zu infor­mie­ren, was da pas­siert. Vie­le Bür­ger und auch vie­le Gemein­de­ver­tre­ter haben sich mit so etwas noch gar nicht beschäf­tigt. Wenn man alle mit­nimmt, dann soll­te das wohl klap­pen, den­ke ich.

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