LANDWIRTSCHAFT

Forschungsprojekt zum landwirtschaftlichen Wert von Solarparks

Wissenschaftler*innen der Universitäten Göttingen und Köln untersuchen den Einfluss von PV-Modulen auf Boden, Vegetation, Mikroklima und grasende Tiere. Um die Auswirkungen von PV-Modulen auf Grünland und dessen Ökosystemleistungen umfassend zu verstehen, müssen die komplexen Wechselwirkungen erforscht werden. Das Ziel der Untersuchungen ist, die bestmögliche Kombination von Energieerzeugung, landwirtschaftlicher Nutzung und Erhöhung der biologischen Vielfalt zu identifizieren.

© Dr. Tim Peschel
© Dr. Christoph Hütt
© Dr. Christoph Hütt
Forschungsprojekt

Solarparkflächen als wertvolle Biomasselieferanten 

Welchen Einfluss haben PV-Module auf Grünlandflächen? Welche Ökosystemleistungen können von Grünlandflächen mit PV-Modulen bereitgestellt werden und inwiefern können diese gemessen werden? Welche Auswirkungen haben PV-Module auf dort grasende Tiere wie bspw. Schafe? Diesen Fragen gehen Wissenschaftler*innen der Universität Göttingen und der Universität zu Köln in gemeinsamen Forschungsaktivitäten nach. Um die Effekte von PV-Modulen auf Grünland und dessen Ökosystemleistungen umfassend zu verstehen, müssen die komplexen Wechselwirkungen erforscht werden. Das Ziel der Untersuchungen ist die bestmögliche Kombination von Energieerzeugung, landwirtschaftlicher Nutzung und Erhöhung der biologischen Vielfalt zu identifizieren. Wir berichten an dieser Stelle zu dem interessanten Forschungsvorhaben und stellen einzelne Aspekte näher vor.

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Hintergrund

Welche Rolle spielen PV-Freiflächenanlagen für Ökosystemleistungen? 

„Aus unseren bisherigen Forschungsergebnissen können wir ableiten, dass PV-Module die Heterogenität der Wachstumsbedingungen für die Grasnarbe erhöhen. Das schafft Nischen für Pflanzen und Tiere und begünstigt die Biodiversität. Wir können diese Heterogenität am Futterertrag, an der Vielfalt der Pflanzenarten und auch am Verhalten der weidenden Tiere messen.“

Dr. Dina Hamidi und Prof. Dr. Johannes Isselstein, Universität Göttingen
  • Ökosystemleistungen schaffen die Basis für alle grundlegenden Bedürfnisse von uns Menschen, wie bspw. den Zugang zu Wasser und Nahrung. Der Begriff "Leistung" beschreibt die Tatsache, dass der Mensch sich an der Natur als Dienstleister bedient, da er deren Lebensräume und Lebewesen nutzt. Somit beeinflusst die Menschheit durch ihre Lebensweise die wertvollen Ökosysteme auf der Erde. Deshalb ist die Forschung zum Erhalt von essentiellen Ökosystemleistungen von besonderer Relevanz. Biodiversität in all ihren Facetten gilt als wesentlicher Grundstein von Ökosystemleistungen.

  • Agri-PV ist eine Methode, um Doppelnutzung von Flächen zu fördern und damit die Flächenkonkurrenz zu entschärfen. Nach derzeitiger Definition ist Agri-PV jedoch ertragsorientiert interpretiert, d. h. die Flächen unter und zwischen den Modulen werden intensiv bewirtschaftet, wodurch z. B. biologische Vielfalt oder saubere Gewässer gefährdet sind. Durch eine angepasste, extensive Bewirtschaftung könnten gesellschaftlich erwünschte Ökosystemleistungen gefördert werden.

  • Extensive Gründlandnutzung zeichnet sich durch eine geringe Nutzungsintensität der Fläche (ein bis max. zweimalige Mahd bzw. extensive Beweidung) und den Verzicht auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel aus. Abhängig von Standort und Art der extensiven Bewirtschaftung entwickelt sich so eine hohe Vielfalt an Pflanzenarten. Diese Bewirtschaftung ist in den meisten PV-Freiflächenanlagen gut umsetzbar, weshalb hier ein hohes Potential für die Förderung von Ökosystemleistungen liegt.

Die Wissenschaftler*innen Dr. Dina Hamidi (Universität Göttingen) und Dr. Christoph Hütt (Universität zu Köln) haben im Themenbereich Grünlandnutzung in Solarparks zahlreiche Forschungslücken identifiziert. Im aktuellen Projekt wollen sie folgenden Forschungsfragen nachgehen:

  • Wie wirken sich PV-Module auf Artenzusammensetzung, Biomasse und Qualität des extensiv genutzten Grünlandaufwuchses aus?
  • Ist die Schafbeweidung eine geeignete Form der Bewirtschaftung für PV-Anlagen? Bieten die Grünlandflächen eine ausreichende Futtergrundlage? Wie verhalten sich Schafe in Bereichen mit PV-Modulen im Vergleich zu Bereichen ohne PV-Modulen?
  • Wie können moderne Vermessungstechnologien eingesetzt werden, um die Bestandsparameter von Grünland auch unter PV-Modulen abzuleiten?

Team Forschungsprojekt

Team des Forschungsprojekts "Landwirtschaftliche Nutzung der Grünlandflächen in PV-Anlagen" 

Dr. Dina Hamidi

Universität Göttingen

Dr. Dina Hamidi ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Grasslandwissenschaft der Universität Göttingen. Ihre Forschungsinteressen liegen u.A. im Bereich Nachhaltige Beweidung, GPS-gestützte Bewegungsdaten und Klimawandelanpassung.

Dr. Christoph Hütt

Universität zu Köln

Dr. Christoph Hütt ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geographischen Institut der Universität zu Köln. Sein Schwerpunkt liegt auf der Anwendung von Radar, LiDAR und multi- und hyperspektraler Fernerkundung für landwirtschaftliche Anwendungen.

Neueste Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt

Hier veröffentlichen wir Neuigkeiten rund um das Projekt und den aktuellen Arbeitsstand.

Update September 2024

Das Forschungsteam steht noch ganz am Anfang seiner Arbeit, und die ersten Versuche, die Vegetation unter Solarpanelen zu charakterisieren, waren herausfordernd. Trotz dieser Hürden wurden bereits wertvolle Erkenntnisse gewonnen, die zeigen, dass das Team sich auf dem richtigen Weg befindet. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend, erfordern jedoch eine sorgfältige Analyse und in einigen Fällen auch Wiederholungen. Es ist wichtig, präzise und verlässliche Daten zu liefern, denn gerade bei komplexen Fragestellungen kommt es darauf an, methodisch sauber zu arbeiten.

Wie werden die Daten erhoben?

Methodik

Landwirtschaftliche Grenzstandorte, die mit PV-Modulen überbaut wurden, werden am Beispiel von Modellanlagen auf Kohlenstoff-reichen Böden (Moorstandort) und Böden mit einer geringen Feuchtestufe (Mineralstandort) beprobt, um Aussagen über den Effekt der Module treffen zu können. Die Ergebnisse werden im Anschluss auf breiter Basis in existierenden Modell-PV-Anlagen überprüft, um Empfehlungen und Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energien unter Berücksichtigung der ökologischen und agronomischen Flächenpotentiale geben zu können.

Die Charakterisierung eines Grünlands beginnt mit der Aufnahme von Bestandsparametern, wie Biomasse, Qualität, Artenvielfalt etc.

Um nun die Auswirkungen von PV-Modulen auf das Grünland zu erforschen, ist eine umfassende Aufnahme dieser Bestandsparametern nötig. Allerdings nicht nur in Bereichen, in denen PV-Module installiert sind, sondern zu Vergleichszwecken natürlich auch in Grünlandbereichen mit identischen Bedingungen neben den Flächen mit Paneelen.

In den beiden untersuchten Bereichen erfolgt eine gründliche und systematische Datenerfassung: Mikroklimasensoren liefern kontinuierliche Daten zu Feuchtigkeit und Temperatur, Qualität und Biomasse sowie Artenzusammensetzung des Grünlands. Bodenproben werden zu festgesetzten Beprobungsterminen erhoben und ausgewertet, um ein möglichst detailliertes Bild der untersuchten Ökosysteme zu gewinnen.

Fernerkundungstechnologien ermöglichen in der Regel eine flächendeckende Charakterisierung des Grünlands.  Normale Luftbildaufnahmen, z.B. vom Satellit oder Flugzeug aus, kommen hier jedoch nicht in Frage, da die PV-Module den Blick von oben nicht ermöglichen. Im Projekt wollen wir daher auch erforschen, wie flächendeckende Bestandsparameter mittels innovativer Fernerkundungs-Methoden wie LiDAR werden können.  

Um diese neue Methodik zu validieren, werden “ground truthing” Daten benötigt. Diese Daten werden mit Hilfe von Geräten zur Grasnarbenhöhenmessung, aber auch durch die Weiterverarbeitung der Proben mittels Nahinfrarotspektrografie zur Qualitätsbestimmung erhoben.

Abbildung  unten: Schematische Darstellung der Vorgehensweise. Zunächst werden in Modellanlagen Proben durchgeführt, um anschließend in ausgewählten Testanlagen die Ergebnisse zu überprüfen. 

Schematische Darstellung der Vorgehensweise. Zunächst werden in Modellanlagen Proben durchgeführt, um anschließend in ausgewählten Testanlagen die Ergebnisse zu überprüfen.

Exkurs: Laserscanning mit "LiDAR" 3D Scanning

Was ist LiDAR?

Eine dieser innovativen Methoden ist die Vermessung mittels LiDAR (Light Detection and Ranging). Dabei sendet ein LiDAR-Sensor Laserimpulse aus, die auf Objekte treffen und zum Sensor reflektiert werden. Durch die Messung der Zeit, die das Licht für die Hin- und Rückreise benötigt, wird die Entfernung zu den Objekten berechnet. So erfasst der Sensor Millionen von Datenpunkten in kurzer Zeit und erstellt eine präzise Darstellung der Umgebung – die sogenannte Punktwolke.

Wie verwendet man LiDAR?

LiDAR kann auf verschiedene Arten verwendet werden. Terrestrisch wird es von festen Standorten aus eingesetzt, um die Umgebung von einem Punkt aus zu scannen. Mobil kann es handgetragen, auf Fahrzeugen, Drohnen oder Flugzeugen montiert werden, um größere Flächen effizient zu erfassen und detaillierte 3D-Modelle zu erstellen.

Wo liegt der Vorteil dieser Methode? 

Der Vorteil der LiDAR-Methode liegt in ihrer hohen Genauigkeit, der Fähigkeit, große Flächen schnell zu erfassen, und ihrer Unabhängigkeit von Lichtverhältnissen. Sie kann auch durch Vegetation scannen und so Bereiche erfassen, die mit anderen Methoden verborgen bleiben. Ein weiterer Vorteil ist, dass LiDAR bei der richtigen Positionierung auch schwer zugängliche Stellen, wie die Bereiche unter Solarpanelen, abdecken kann.

Ausgelegte Marker zur Bestimmung der Position in der Punktwolke © Dr. Christoph Hütt
3D Visualisierung der Punktwolke einer Solaranlage © Dr. Christoph Hütt

FAQs zum Thema Stu­die: Land­wirt­schaft­li­cher Wert von Solar­parks

Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen. Ihre Fragen sind offen geblieben? Schreiben Sie uns!

Kontakt
  • Was versprechen sich die Forscher*innen von den Ergebnissen?

    Die Forscher*innen möchten näher untersuchen, wie sich PV-Module auf Artenzusammensetzung, Biomasse und Qualität des extensiv genutzten Grünlandaufwuchses auswirken. Außerdem möchte man herausfinden, ob Schafe genug Futter in den Anlagen finden und ob es sichtbare Beeinträchtigung der Tiere durch die Module gibt.

    Zusätzlich wird erstmalig eine innovative Vermessungsmethode eingesetzt, deren Einsatz in Solarparks ebenfalls erprobt wird.

     

  • Was wird mit den Forschungsergebnissen gemacht?

    Die Forschungsergebnisse werden über unterschiedliche Kanäle veröffentlicht. Zum einen stellen die Wissenschaftler*innen fortlaufend ihre Erkenntnisse auf Fachkonferenzen und -veranstaltungen vor. Zum anderen veröffentlichen sie Projektergebnisse in wissenschaftlichen Fachzeitschriften, um eine hohe Reichweite innerhalb der Community zu generieren. Auf SonneSammeln werden die Ergebnisse bedarfsgerecht vorgestellt, zunächst über die Website und den Instagramkanal @sonnesammeln, im weiteren Projektverlauf auch über interaktive Formate wie Webinare.

  • Inwiefern ist der bne in das Forschungsprojekt involviert?

    Der bne agiert als Vermittler zwischen Solarparkbetreibern und den Forscher*innen, indem er die Zugänge in die Solarparks für die Wissenschaftler*innen organisiert. Inhaltlich sind die Forschungsthemen für die Arbeit des bne sehr interessant und werden daher auf "SonneSammeln" veröffentlicht. Davon profitieren wiederum die Wissenschaftler*innen, da Wissenschaftskommunikation zeitintensiv ist und sie sich so stärker auf die praktische Forschungsarbeit konzentrieren können.

  • Wer führt das Forschungsprojekt zum landwirtschaftlichen Wert von Solarparks durch?

    Das Forschungsprojekt wird von Wissenschaflter*innen der Universität Göttingen (Dr. Dina Hamidi, Prof. Dr. Johannes Isselstein) sowie von einem Wissenschaftler der Universität zu Köln (Dr. Christoph Hütt) durchgeführt.

Weitere Publikationen zum Thema Landwirtschaft & Solarparks

Jetzt herunterladen

Link zu weiteren Publikationen, bspw. Conference Proceedings, MA-Arbeiten etc. finden Sie hier.

Mikroklima und Graswuchs unter PV-Modulen

Fachartikel zu Mikroklima, Graswuchs und Futterqualität in PV-Freiflächenanlagen, Proceedings der EGF Conference 2024

Räumliche Verteilung von Schafen in PV-FFA

Fachartikel zu Schafbeweidung in PV-Freiflächenanlagen, Proceedings der EGF Conference 2024

Agronomische und ökologische Potenziale von PV-FFA

Fachartikel zu Agronomischen und ökologischen Potenzialen von Photovoltaikanlagen auf Grünland, erschienen in der Fachzeitschrift "Berichte über Landwirtschaft"
© bne e.V. / Fotograf ARTIS Uli Deck
© bne e.V. / M. Hain
© bne e.V. / Fotograf ARTIS Uli Deck
© bne e.V. / M. Hain
© bne e.V. / L. Gottwald
© Julius Kramer / fokusnatur.de