Einnahmen aus Solarparks stabilisieren Gemeindehaushalt und Jugendarbeit
Uwe Weigelt ist erster Bürgermeister der sächsischen Gemeinde Lossatal und seit Mai 2022 zusätzlich Geschäftsführer der kommunalen Wurzener Land-Werke. Schon sehr früh hat er auf Solarparks gesetzt – und damit durchweg positive Erfahrungen gemacht. Die Gemeinde profitiert durch Pacht- und Sponsoring-Einnahmen. Als nächstes möchte Weigelt grünen Wasserstoff produzieren.
SonneSammeln: Sie gehören als Bürgermeister zu den Pionieren, die sich für Solarparks eingesetzt haben. Was gab den Ausschlag?
Uwe Weigelt: Das war ein Zusammentreffen glücklicher Umstände. Zum einen liegt die Gemeinde Lossatal in einem regelrechten Sonnenloch Sachsens mit unglaublich vielen Sonnenstunden. Das hat auch der Solaratlas bestätigt. Als ich 2008 Bürgermeister wurde, gab es außerdem einen Regelungsbedarf im Gewerbegebiet. Flächen, die der Gemeinde gehörten und auf denen Baurecht herrschte, waren bis dato noch nicht vermarktet und es gab auch keine große Nachfrage. Das entwickelte sich 2008 zum Standortvorteil. Die Investoren haben zuallererst geschaut, wo sie die meisten Sonnenstunden finden. Und dann standen sie bei mir im Rathaus und wir haben gemeinsam überlegt. Ich hatte die Flächen, und die Investoren hatten den Mut und die Lust zu investieren. Und so ist es auf den doch sehr großen Flächen der Gemeinde schnell zu den Ansiedlungen großer Solarparks gekommen. Wir haben damals auch ziemlich gut verhandelt und gute Erlöse erzielt. Das hat sich bei den Betreibern durch die anfangs sehr hohe Einspeisevergütung nicht negativ ausgewirkt.
SonneSammeln: Wie schnell dauerte es denn von der Idee bis zur Eröffnung des ersten Solarparks?
Uwe Weigelt: Naja, ich hatte ja den Flächenzugriff. Das ging dann schon 2008 ziemlich zügig los. 2010 stand der erste Solarpark..
SonneSammeln: Was waren für Sie die ausschlaggebenden Argumente für PV-Freiflächenanlagen?
Uwe Weigelt: Einerseits waren die Flächen schon sehr frühzeitig mit einem hohen finanziellen Aufwand erschlossen worden. Mitte der 90er Jahre waren dort seitens der Gemeinde mehrere Millionen in die Erschließung dieses Gewerbegebiets geflossen. Aufgrund der mangelnden Nachfrage hatte sich dort allerdings die Landwirtschaft niedergelassen. Das fand ich schon sehr unangebracht, denn dort steckten ja Steuergelder drin. Ein Solarpark war daher schon eine sehr willkommene Verbesserung der Fruchtfolge im Sinne der Gemeinde. Auch finanziell war das ein Quantensprung: Bei der landwirtschaftlichen Nutzung lagen die Erträge bei 150 Euro pro Hektar; bei den Solarparks lag die Pacht dann bei 2.500 Euro pro Hektar pro Jahr. Andererseits ging es aber nicht nur darum, mehr Geld zu verdienen. Sondern für uns war es im Gemeinderat natürlich auch eine Herausforderung, uns der sauberen Energiegewinnung positiv gegenüber aufzustellen.
SonneSammeln: Wie kam die Idee denn im Gemeinderat an?
Uwe Weigelt: Wir waren damals mitten in einem Fusionsprozess der noch separaten Gemeinden Falkenhain und Hohburg. Einige hatten Bedenken, ob die Gemeinde auch tatsächlich dauerhaft finanziell beteiligt wird. Insgesamt war aber eher die Stimmung: „Wir fühlen uns richtig gut mit den Entscheidungen, die wir getroffen haben.“ Und wir sind ja auch von Anfang an mit unseren Anlagenbetreibern eine strategische Partnerschaft eingegangen. Die Betreiber haben unser Vereinsleben hier in der Gemeinde sehr großzügig unterstützt, das hat natürlich auch zur Vertrauensbildung beigetragen. Heute sind wir mit dem Paragraph 6 im EEG ja inzwischen so weit, dass die Standortgemeinde pro Kilowattstunde mit bis zu 0,2 Cent am Solarpark beteiligt werden kann. Diese Regelung hatten wir damals noch nicht, da haben wir damals Neuland betreten. Unsere Absicht war immer, den Standortgemeinden Möglichkeiten zu geben, Dinge vor Ort zu gestalten.
SonneSammeln: Wie wurde die Gemeinde beteiligt und was wurde mit der Unterstützung gemacht?
Uwe Weigelt: Die erhöhten Pachteinahmen und das Sponsoring, das die Solarparkbetreiber mit unseren Vereinen und mit unseren Schulen und Kindergärten vereinbart hatten, kamen direkt vor Ort an. Es hat mich natürlich gefreut, dass wir durch das Sponsoring die Nachwuchsarbeit in unseren großen Sportvereinen stabilisieren konnten. Das ist im Bereich der Jugendarbeit nicht wegzudenken. Wir sind eine große Flächengemeinde, Lossatal hat 110 Quadratkilometer und 17 Ortsteile. Da kommen aus allen Ecken Wünsche. Und natürlich helfen 5.000 bis 10.000 Euro Sponsoring im Jahr unwahrscheinlich. Das Zweite: Wir haben unsere Eigenmittelsituation erheblich stabilisiert. Über die letzten 30 Jahre hatte sich ein ziemlich großer Sanierungsstau angesammelt. Die Schulen und Kitas konnten wir zum Großteil über die Mehreinnahmen aus der Pacht kofinanzieren. Die Aufträge haben wir natürlich weitestgehend wieder mit unserem regional ansässigen Unternehmen realisiert. Das wurde schon sehr wohlwollend beachtet.
SonneSammeln: Wie ging es dann weiter in Ihrer Gemeinde? Haben Sie noch weitere Flächen für Solarparks erschlossen?
Uwe Weigelt: Die Investoren haben festgestellt, dass der Solaratlas recht hatte und sich die Sonnenstunden sehr positiv zu Buche schlugen. Wir haben auch Dachanlagen errichtet und nach weiteren Flächen für Solarparks gesucht. Bestimmte Altlastenstandorte haben wir dann zurückentwickelt, rekultiviert und für Solar genutzt. Inzwischen haben wir eine Fülle an Anlagenbetreibern. Es hatte sich herumgesprochen, dass man bei uns relativ gute Bedingungen für Solarenergie vorfindet.
SonneSammeln: Wie hat sich die Natur auf diesen Altlastenstandorten verändert?
Uwe Weigelt: Unser Gewerbegebiet lag entlang einer Bahnstrecke. Dort haben wir recht viele Flächen, wo sich Tiere und Pflanzen gut entwickeln konnten. Die Population der Feldhasen und Fasane hat es uns gedankt und wir haben auch eine Erhöhung der Biodiversität erlebt, was Insekten und Käfer angeht. Das war schon spektakulär. Zur Artenvielfalt in Solarparks gibt es auch eine Studie, die sich in unserem Projekt bewahrheitet hat.
SonneSammeln: Großartig. Und was haben Sie für die Zukunft geplant?
Uwe Weigelt: Im Moment sind wir dabei, das Thema Weiterverwendung des Stromes zu sortieren. Die Einspeisevergütung läuft noch bis Anfang der dreißiger Jahre. Mit der Basalt AG schmieden wir gemeinsam an einer Idee, um grünen Wasserstoff herzustellen. In dem Gewerbegebiet stehen auch noch vier Windräder. Der Bereich Erneuerbare Energien entwickelt sich zurzeit unwahrscheinlich schnell, auch im Windbereich. In Sachsen kommt der Strukturwandel hinzu, weil wir ja zu den Kohleausstiegsregionen gehören. Deswegen verfügt Sachsen auch über einige größere Gelder in naher Zukunft, was in Richtung Wasserstoff eingesetzt werden kann und auch den Just Transition Fund für den Strukturwandel.
SonneSammeln: Zum Schluss noch eine letzte Frage: Was ist Ihre Empfehlung an Kommunen, die über einen Solarpark nachdenken?
Uwe Weigelt: Alle, die am Tisch sitzen und die von dem Thema tangiert werden, sollten sich immer als Teil der Lösung betrachten. Sowohl die Landwirte, die Flächeneigentümer, die Kommune als auch die Solarinvestoren. Wenn doch einer dabeisitzt, der sich als Störer betrachtet, dann klemmt’s, dann kriegen Sie das nach außen auch ganz schlecht vermittelt. Und eine weitere wichtige Erkenntnis. Wir werden um Flächenzubau nicht umhinkommen, wenn wir in Richtung Erneuerbare gehen. Man muss aber differenzieren. Es gibt gut geeignete Flächen und weniger gut geeignete. Weniger gut geeignet sind Flächen mit hohen Bodenwerten, wo noch viel Feuchtigkeit im Untergrund ist. Daher empfiehlt sich eine Potenzialanalyse, um zu sondieren, wo Flächen sind, die nie ordentliche Erträge bringen, weil es eben sehr kiesige und trockene Flächen sind. Und dort findet man viel eher auch den Weg, den Landwirt mit ins Boot zu holen. Und ich wünsche mir für die sächsische und die Bundesgesetzgebung, noch einen deutlichen Schritt auf die Landwirte zu. Von den Bewirtschaftungsflächen muss ohnehin ein gewisser Teil Stilllegungsflächen sein. Macht das doch unter den Solaranlagen, denn dann können wir gemeinsam noch den Bewuchs in den Anlagen viel biodiverser gestalten. Das wäre mein Wunsch und meine Bitte.
Das Interview führten Alexander Karasek und Martina Haag am 20.06.2022.