Wie viel Flä­che brau­chen Solar­parks?

28. Oktober 2024

Wie viel Fläche wird gebraucht, wenn die Ausbauziele für Photovoltaik erreicht werden sollen? Auf welchen…

Alice Brüssel-Kurbanov

Wie viel Flä­che brau­chen Solar­parks?

Landwirtschaft
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28. Oktober 2024

Wie viel Flä­che wird gebraucht, wenn die Aus­bau­zie­le für Pho­to­vol­ta­ik erreicht wer­den sol­len? Auf wel­chen Flä­chen ste­hen Solar­parks? Wel­chen Anteil haben Solar­park­flä­chen an Deutsch­lands Gesamt­flä­che? Die­se Fra­gen sol­len in die­sem Bei­trag behan­delt wer­den.

Inhalt

Wel­che Aus­bau­zie­le für Solar­ener­gie ver­folgt die Bun­des­re­gie­rung?

Deutsch­land soll bis zum Jahr 2045 voll­stän­dig kli­ma­neu­tral wirt­schaf­ten. Das besagt u.a. das Kli­ma­schutz­ge­setz. Damit die­ses Ziel erreicht wer­den kann, müs­sen Erneu­er­ba­re Ener­gien schon bis 2030 einen Anteil von mind. 80% am Brut­to­strom­ver­brauch errei­chen. Pho­to­vol­ta­ik nimmt hier­bei eine wich­ti­ge Rol­le ein, denn Solar­ener­gie ist einer der kos­ten­güns­tigs­ten Ener­gie­trä­ger. Ent­spre­chend pro­gres­siv sind die Aus­bau­plä­ne: Bis 2030 brau­chen wir zusätz­li­che 215 Giga­watt (GW) an Solar­leis­tung. Die Per­spek­ti­ve ist gut: Im Jahr 2023 wur­de das Aus­bau­ziel von 9 GW um ca. 6 GW über­trof­fen. Nun sol­len im Jahr 2024 13 GW, 2025 18 GW und ab 2026 jähr­lich 22 GW Leis­tung hin­zu­kom­men. Davon wird je die Hälf­te für Frei­flä­chen­an­la­gen und Dach­an­la­gen ver­an­schlagt, so der Plan im EEG.

© EnBW / Paul-Langrock.de

Wie viel Flä­che wird für künf­ti­ge Solar­parks benö­tigt?

Eine gute Nach­richt vor­ab: Deutsch­land ver­fügt über aus­rei­chend Flä­che für Erneu­er­ba­re Ener­gie­trä­ger.

Aktu­ell wur­den in Deutsch­land Solar­parks mit einer Leis­tung von 27,3 GW instal­liert (Stand Sep­tem­ber 2024, Ein­sicht über das Markt­stamm­da­ten­re­gis­ter oder Open­En­er­gy Tra­cker), die etwa 40.000 Hekt­ar Flä­che bean­spru­chen. Jedes Jahr steigt der Wir­kungs­grad von PV-Modu­len. Mitt­ler­wei­le errei­chen gän­gi­ge PV-Modu­le für Solar­parks Wir­kungs­gra­de von 24% und mehr. Dadurch kann bei glei­cher Bau­wei­se mehr Leis­tung pro Flä­che instal­liert wer­den. Mit der Annah­me, dass zukünf­tig pro ein MW Solar­park ein Hekt­ar Flä­che benö­tigt wird, ergibt dies einen Flä­chen­an­spruch von etwa 12.000 Hekt­ar pro Jahr bis 2030. Ein Groß­teil die­ser Flä­chen wer­den land­wirt­schaft­li­che Flä­chen sein. Dies hat meh­re­re Grün­de: Zum einen stel­len land­wirt­schaft­li­che Flä­chen den größ­ten Flä­chen­an­teil in Deutsch­land dar, s. unten. Meist wer­den ertrags­schwa­che Stand­or­te gewählt, die als Solar­park­flä­chen eine zusätz­li­che Ein­nah­me für Flächenbesitzer*innen sein kön­nen. Zum ande­ren ist die Errich­tung von PV-Modu­len auf erschlos­se­nen Land­wirt­schafts­flä­chen aus bau­li­cher Sicht ein­fa­cher umsetz­bar als bspw. in städ­ti­schen Gebie­ten.

Um die­sen Flä­chen­an­spruch in einen Kon­text zu set­zen, haben wir die Flä­chen­auf­tei­lung in Deutsch­land visua­li­siert: 46% der Flä­che in Deutsch­land wird land­wirt­schaft­lich genutzt, genau genom­men 16,6 Mio. Hekt­ar. Die rest­li­che Flä­che wird von Sied­lun­gen, Ver­kehr, Was­ser und Wald bean­sprucht.

Nimmt man an, dass im Jahr 2030 rund 95.000 Hekt­ar Flä­che für Solar­parks genutzt wür­den, ent­sprä­che das einem Anteil von ca. 0,3% an der Gesamt­flä­che Deutsch­lands, ver­gleich­bar mit der Grö­ße der Insel Rügen.

Darstellung der Flächennutzung in Deutschland

Was wird auf der land­wirt­schaft­lich genutz­ten Flä­che ange­baut?

Die 16,6 Mio. Hekt­ar an land­wirt­schaft­lich genutz­ter Flä­che wer­den zu 82% für die Fut­ter- und Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on genutzt, auf 13% wer­den Ener­gie­pflan­zen und auf 2% Indus­trie­pflan­zen ange­baut.

Um das Aus­bau­ziel für Pho­to­vol­ta­ik zu errei­chen, müss­te bis 2030 ledig­lich etwa 0,6% der land­wirt­schaft­li­chen Flä­che mit Solar­parks bebaut wer­den. Damit liegt der Flä­chen­an­teil von PV-Frei­flä­chen­an­la­gen weit unter dem von Ener­gie- oder Indus­trie­pflan­zen.

Wie wer­den Solar­park­flä­chen bewirt­schaf­tet?

Die Flä­chen im Solar­park die­nen nicht nur der Ener­gie­er­zeu­gung, son­dern wer­den dop­pelt oder teil­wei­se drei­fach genutzt. Hier gibt es unter­schied­li­che Flä­chen­nut­zungs­kon­zep­te in Kom­bi­na­ti­on mit Pho­to­vol­ta­ik. Mit der klas­si­schen Agri-Pho­to­vol­ta­ik kön­nen land­wirt­schaft­li­che Kul­tu­ren mit Solar­mo­du­len über­dacht wer­den, was in bestimm­ten Berei­chen wert­vol­le Syn­er­gie­ef­fek­te bie­ten kann. Son­der­kul­tu­ren wie Äpfel, Kir­schen oder Him­bee­ren, die vor Stark­wet­ter­er­eig­nis­sen geschützt wer­den müs­sen, pro­fi­tie­ren teil­wei­se von der Schutz- und Beschat­tungs­wir­kung der Modu­le.

Agri-PV-Kon­zep­te wer­den zur­zeit erprobt. In der EEG-Aus­schrei­bung sind bis 2030 etwa 7,8 GW an soge­nann­ten “beson­de­ren PV-Anla­gen” vor­ge­se­hen, wovon der über­wie­gen­de Anteil auf Agri-PV ent­fal­len dürf­te. Damit macht Agri-PV bis 2030 etwa einen Anteil von fast 14% aus.

Der Groß­teil des PV-Zubaus wird durch “gewöhn­li­che” Frei­flä­chen­an­la­gen rea­li­siert wer­den, die eben­falls auf land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen errich­tet wer­den. Auch hier ist eine land­wirt­schaft­li­che Nut­zung der Flä­chen üblich und vor­teil­haft, denn auch Solar­park­flä­chen müs­sen z.B. durch Mahd oder Bewei­dung mit Scha­fen pro­fes­sio­nell gepflegt und bewirt­schaf­tet wer­den. Wie die Flä­chen­pfle­ge in Solar­parks umge­setzt wird, kön­nen Sie hier detail­liert nach­le­sen. Solar­park­flä­chen kön­nen einen drei­fa­chen Vor­teil bedeu­ten: Durch die land­wirt­schaft­li­che Nut­zung in Form von Wei­de­flä­che oder Grün­land­be­wirt­schaf­tung, durch eine Erhö­hung der Arten­viel­falt im Ver­gleich zu land­wirt­schaft­lich genutz­ten Flä­chen, und durch die Pro­duk­ti­on von sau­be­rer, güns­ti­ger Ener­gie.

Wie wir­ken sich Solar­parks auf die Flä­chen aus?

Der Ver­sie­ge­lungs­grad bei Solar­park­flä­chen liegt inkl. Gestel­le, Wech­sel­rich­ter, Spei­cher und sons­ti­ge Neben­an­la­gen bei unter 2% der Flä­che und ist damit sehr gering. Die Flä­chen wer­den nicht gedüngt oder gespritzt, wes­halb eine arten­rei­che Vege­ta­ti­on ent­ste­hen kann, die Insek­ten, Rep­ti­li­en und Vögeln Fut­ter- und Nist­mög­lich­kei­ten bie­tet. Der zuvor meist durch eine pro­duk­ti­ve Land­wirt­schaft genutz­te Boden kann sich erho­len; es fin­det eine Auf­wer­tung der Boden­qua­li­tät statt. Ein Ziel kann auch erhöh­te Humus­bil­dung sein.  Durch die scho­nen­de Boden­nut­zung im Solar­park wird die Was­ser­rück­hal­te­fä­hig­keit ver­bes­sert und die Ero­si­ons­ge­fahr ver­min­dert. Nie­der­schlag erreicht durch die Abstän­de zwi­schen den Modu­len auch die über­bau­ten Berei­che.

© bne e.V.

Wie wer­den Solar­parks in der Flä­chen­sta­tis­tik erfasst?

In einem dicht besie­del­ten Land wie Deutsch­land ist Flä­che ein kost­ba­res Gut. Den­noch wur­den laut Sta­tis­tik in den ver­gan­ge­nen Jah­ren täg­lich rund 52 Hekt­ar für Sied­lungs- und Ver­kehrs­flä­chen neu aus­ge­wie­sen – das ent­spricht einer Grö­ße von täg­lich ca. 72 Fuß­ball­fel­dern. Gemäß der in der Deut­schen Nach­hal­tig­keits­stra­te­giefor­mu­lier­ten Zie­le sol­len in den Jah­ren bis 2030 nur noch max. 30 Hekt­ar pro Tag als Sied­lungs- und Ver­kehrs­flä­che neu aus­ge­wie­sen wer­den. Hier­bei ste­hen ins­be­son­de­re auch der Schutz und die Erhal­tung von land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen im Vor­der­grund.

© BMUV

Flä­chen mit Frei­flä­chen-Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen wer­den aktu­ell in der Flä­chen­sta­tis­tik als Gewer­be­flä­chen klas­si­fi­ziert, wes­halb sie zu Sied­lungs- und Ver­kehrs­flä­chen zäh­len. Kein Wun­der, dass man die Zie­le bei sol­chen sta­tis­ti­schen Schwä­chen ver­fehlt. Es besteht eine regu­la­to­ri­sche Lücke: Flä­chen in Solar­parks wer­den nicht ver­sie­gelt und teil­wei­se land­wirt­schaft­lich genutzt, bspw. in Form von Wei­de­hal­tung oder Grün­land­wirt­schaft oder der Agri-PV. Auch die­nen pro­fes­sio­nell gepfleg­te Solar­park­flä­chen der Arten­viel­falt, was z.B. eine Mahd und eine Mahdgut­ab­fuhr mit land­wirt­schaft­li­chen Maschi­nen bedingt. Daher ist es sinn­voll, all die­se Solar­park­flä­chen auch als Land­wirt­schafts­flä­chen zu kate­go­ri­sie­ren und die ver­zerr­te Sta­tis­tik zu kor­ri­gie­ren. Eine sol­che Ein­ord­nung hät­te neben­bei posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen in Hin­blick auf die steu­er­li­che Bewer­tung, die bspw. bei Hof­über­ga­ben und Gene­ra­tio­nen­wech­sel in Land­wirt­schafts­be­trie­ben eine wich­ti­ge Rol­le spielt.

Fazit

Deutsch­land ver­fügt über genü­gend Flä­che für den Aus­bau von Solar­parks, der ledig­lich 0,3% der Gesamt­flä­che Deutsch­lands bis 2030 bean­spru­chen wird. Die Flä­chen unter und zwi­schen den Modul­rei­hen kön­nen sich rege­ne­rie­ren, da sie weder gedüngt noch gespritzt wer­den. Zudem ist eine land­wirt­schaft­li­che Nut­zung in den meis­ten Fäl­len mög­lich. Da Grün­land­flä­chen offen­sicht­lich kei­ne Gewer­be­flä­chen sind, wäre eine Ein­ord­nung von pro­fes­sio­nell bewirt­schaf­te­ten Solar­park­flä­chen als Land­wirt­schafts­flä­chen sinn­voll.

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