Mit Solar­parks die Arten­viel­falt stär­ken

1. Dezember 2021

Solarparks tragen nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern auch zur Biodiversität. Das zeigen viele Studien…

Alina Uppenkamp

Mit Solar­parks die Arten­viel­falt stär­ken

Biodiversität
1. Dezember 2021

Wert­vol­le Rück­zugs­or­te für sel­te­ne Arten

Solar­parks tra­gen nicht nur zum Kli­ma­schutz, son­dern auch zur Bio­di­ver­si­tät bei. Das zei­gen vie­le Stu­di­en und Arten­zäh­lun­gen zwi­schen und unter den Modul­rei­hen. Ob Feld­ler­che, Zaun­ei­dech­se oder Vio­let­ter Feu­er­fal­ter – für vie­le bedroh­te Arten sind Solar­parks zu wert­vol­len Refu­gi­en gewor­den. Anders als in aus­ge­räum­ten Agrar­land­schaf­ten fin­det sich dort eine Viel­falt an Blü­ten­pflan­zen und dar­auf spe­zia­li­sier­te Insek­ten. Davon pro­fi­tie­ren auch zahl­rei­che sel­te­ne Vögel, Fle­der­mäu­se und Rep­ti­li­en.

Ins­be­son­de­re in Solar­parks, die als Bio­di­ver­si­täts-PV geplant und betrie­ben wer­den, ist der Auf­bau und Erhalt einer arten­rei­chen Pflan­zen- und Tier­welt ein fes­ter Bestand­teil des Kon­zepts.

Solar­parks wer­ten Flä­chen öko­lo­gisch auf

PV-Frei­flä­chen­an­la­gen bie­ten Flo­ra und Fau­na genau die Rück­zugs­räu­me, die in unse­rer Kul­tur­land­schaft rar gewor­den sind: offe­ne, exten­siv bewirt­schaf­te­te Flä­chen, die weder gedüngt noch gespritzt wer­den. Fast die Hälf­te der Flä­che Deutsch­lands wird inten­siv land­wirt­schaft­lich genutzt. Mono­kul­tu­ren, Über­dün­gung, die Ver­nich­tung von Bio­to­pen und feh­len­de Bra­chen gel­ten als wesent­li­che Ursa­chen des dra­ma­ti­schen Arten­rück­gangs. Dem kön­nen Solar­parks ein Stück weit ent­ge­gen­wir­ken: Die exten­si­ve Pfle­ge per Mahd oder Bewei­dung sowie der Ver­zicht auf Dün­gung und Pes­ti­zi­de för­dern die bio­lo­gi­sche Viel­falt.

„Da sich die Bewirt­schaf­tung wäh­rend der Lauf­zeit der Anla­gen nicht ändert, kön­nen sich sta­bi­le Popu­la­tio­nen von Tie­ren und Pflan­zen ent­wi­ckeln und vor allem durch die Art der Bewirt­schaf­tung auch erhal­ten blei­ben.“

Dr. Tim Peschel, Bio­lo­ge

Ins­be­son­de­re auf zuvor kon­ven­tio­nell bewirt­schaf­te­ten Flä­chen lässt sich so die Bio­di­ver­si­tät erhö­hen – ein Solar­park ist deut­lich arten­rei­cher als etwa ein Mais­acker. Und wäh­rend sich auf inten­siv genutz­tem Grün­land oft nur Löwen­zahn hält, kann unter und zwi­schen den Modul­rei­hen eine viel­fäl­ti­ge Flo­ra gedei­hen. Auch auf Kon­ver­si­ons­flä­chen und auf Wei­de­flä­chen, die aus der Nut­zung fal­len, hilft die Ener­gie­ge­win­nung per Pho­to­vol­ta­ik, öko­lo­gisch wert­vol­le Offen­land­schaf­ten zu bewah­ren.

Stu­di­en zei­gen viel­fäl­ti­ge Flo­ra und Fau­na im Solar­park

Eine umfang­rei­che Unter­su­chung zu Aus­wir­kun­gen von Solar­parks hat gezeigt, dass sich der Arten­reich­tum dort in der Regel deut­lich erhöht. Für die Stu­die Solar­parks – Gewin­ne für die Bio­di­ver­si­tät wur­den Pla­nungs­un­ter­la­gen von ins­ge­samt 75 Solar­parks unter­sucht. Außer­dem wur­de die Flo­ra und Fau­na in drei bran­den­bur­gi­schen Solar­parks erfasst. Hier­bei lie­ßen sich rund 60 Pro­zent aller 58 im Bun­des­land vor­kom­men­den Heu­schre­cken­ar­ten nach­wei­sen. Dar­un­ter waren spe­zia­li­sier­te und hoch­gra­dig gefähr­de­te Arten wie die Ita­lie­ni­sche Schön­schre­cke oder die Blau­flü­ge­li­ge Sand­schre­cke. Unter den 44 erfass­ten Tag­fal­tern fan­den sich eben­falls äußerst sel­te­ne Arten wie der Vio­let­te Feu­er­fal­ter oder der Kurz­schwän­zi­ge Bläu­ling. Die Ergeb­nis­se bestä­ti­gen Unter­su­chun­gen in Eng­land, wo in elf Solar­parks höhe­re Arten­zah­len bei Tag­fal­tern und Hum­meln nach­ge­wie­sen wur­den als auf umlie­gen­den Agrar­flä­chen.

Arten­zäh­lung in bestehen­den Solar­parks

Der “Lebens­raum Solar­park” war das Haupt­the­ma des GEO-Tag der Natur 2021. In ins­ge­samt sie­ben bestehen­den Solar­parks wur­den durch qua­li­fi­zier­te Bio­lo­gin­nen und Bio­lo­gen an zwei Tagen die Flo­ra und Fau­na erfasst. Die Ergeb­nis­se der Art­un­ter­su­chung zei­gen, dass die gro­ßen Flä­chen von Solar­parks einen wich­ti­gen Quell­le­bens­raum für bedroh­te Tier- und Pflan­zen­ar­ten dar­stel­len kön­nen. Die Unter­su­chun­gen wur­den im GEO-Maga­zin (Aus­ga­be Novem­ber 2021) vor­ge­stellt, in einem Hin­ter­grund­pa­pier zusam­men­ge­fasst und vom bne als Steck­brie­fe für jeden unter­such­ten Solar­park ver­öf­fent­licht. Bei allen unter­such­ten Parks han­delt es sich um Bestands­stand­or­te mit jeweils unter­schied­li­chen Arten­schwer­punk­ten, an denen sich aus ver­schie­de­nen Grün­den arten­rei­che Lebens­räu­me ent­wi­ckelt haben. Die Unter­su­chun­gen zei­gen, dass sich auf­grund der Stö­rungs­ar­mut in den Solar­parks, des Ver­zichts auf Pflanzenschutzmittel/Düngung und der exten­si­ven Bewirt­schaf­tung arten­rei­che Lebens­räu­me ent­wi­ckeln. Neben vie­len sel­te­ner wer­den­den Arten wur­de bei­spiels­wei­se in einem Solar­park in Bran­den­burg sogar der vom Aus­ster­ben bedroh­te Stein­schmät­zer (Rote-Lis­te-Kate­go­rie 1) nach­ge­wie­sen.

Die Unter­su­chun­gen der Flo­ra und Fau­na in arten­rei­chen bestehen­den Solar­parks hilft dabei, Rah­men­be­din­gun­gen und wirk­sa­me Maß­nah­men zu iden­ti­fi­zie­ren, um bei neu­en und von vor­ne her­ein als Bio­di­ver­si­täts-PV ange­leg­ten Solar­park-Pla­nun­gen die Ent­wick­lung arten­rei­cher Lebens­räu­me zu unter­stüt­zen.

Vie­le ehe­mals häu­fi­ge Vogel­ar­ten fin­den in Solar­parks neue Lebens­räu­me. Flä­chen­de­ckend gefähr­de­te Spe­zi­es wie Feld­ler­chen kön­nen sehr gro­ße Dich­ten errei­chen. Sel­te­ne Arten wie Hau­ben­ler­che, Stein­schmät­zer und Wie­de­hopf fin­den zwi­schen Modul­rei­hen eine neue Hei­mat. Bei Grau­am­mern wur­den eben­falls höhe­re Popu­la­tio­nen als im agra­risch gepräg­ten Umland ver­zeich­net.

Wäh­rend Solar­parks für Amphi­bi­en vor allem als Som­mer­le­bens­räu­me mit gro­ßem Nah­rungs­an­ge­bot inter­es­sant sind, fin­den sich Rep­ti­li­en ganz­jäh­rig im Habi­tat Solar­park. So kön­nen bei­spiels­wei­se sehr gro­ße Popu­la­tio­nen von Zaun­ei­dech­sen auf­tre­ten. Von den Solar­parks aus besie­deln Rep­ti­li­en und ande­re Arten bei geeig­ne­ten Bedin­gun­gen auch die Umge­bung. Bio­di­ver­se Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen die­nen bedroh­ten Tie­ren und Pflan­zen zudem als hilf­rei­che Tritt­stei­ne in inten­siv genutz­ten Agrar­land­schaf­ten.

Rund 60 Pro­zent aller 58 im Bun­des­land vor­kom­men­den Heu­schre­cken­ar­ten lie­ßen sich in Solar­parks nach­wei­sen. Dar­un­ter waren spe­zia­li­sier­te und hoch­gra­dig gefähr­de­te Arten wie die Ita­lie­ni­sche Schön­schre­cke oder die Blau­flü­ge­li­ge Sand­schre­cke. Unter den 44 erfass­ten Tag­fal­tern fan­den sich eben­falls äußerst sel­te­ne Arten wie der Vio­let­te Feu­er­fal­ter oder der Kurz­schwän­zi­ge Bläu­ling.

Fast 600 Wild­bie­nen­ar­ten kom­men in Deutsch­land vor, knapp die Hälf­te davon nis­tet im Erd­reich. Vie­le die­ser Spe­zi­es sind auf offe­ne Flä­chen ohne dich­te Vege­ta­ti­on ange­wie­sen, zum Bei­spiel auf san­di­gen Teil­flä­chen oder nähr­stoff­ar­men Tro­cken­ra­sen. Die exten­si­ve Grün­pfle­ge in Solar­parks – durch Mahd oder Bewei­dung und ohne Dün­ger sowie Pes­ti­zi­de – för­dert die viel­fäl­ti­gen Struk­tu­ren am Boden. Durch die Modul­ti­sche ent­ste­hen zudem Area­le mit unter­schied­li­chem Bewuchs und Mikro­kli­ma. Auch die Viel­falt an Blü­ten­pflan­zen bie­tet vie­len Wild­bie­nen einen Lebens­raum. Die Insek­ten bestäu­ben Pflan­zen im Solar­park eben­so wie in benach­bar­ten Gebie­ten. So kön­nen auch land­wirt­schaft­li­che Flä­chen in der Umge­bung von den Wild­bie­nen pro­fi­tie­ren.

Gute Pla­nung erhöht die Bio­di­ver­si­tät

Mit der Selbst­ver­pflich­tung „Gute Pla­nung von PV-Frei­land­an­la­gen“ des Bun­des­ver­bands Neue Ener­gie­wirt­schaft (bne) ori­en­tie­ren sich Kon­zep­ti­on und Betrieb von Solar­parks unter ande­rem an der Erhö­hung der bio­lo­gi­schen Viel­falt. Wie das im Ein­zel­fall gelingt, wird im Pla­nungs­pro­zess und gemein­sam mit Natur­schüt­ze­rin­nen und Natur­schüt­zern sowie mit den­je­ni­gen, wel­che die Flä­chen im Solar­park pfle­gen, erör­tert. So lässt sich ein gutes Kon­zept ent­wi­ckeln, das zu den Gege­ben­hei­ten eines bestimm­ten Stand­orts passt. Bei der Pfle­ge der Flä­chen dür­fen kei­ner­lei Gif­te oder Dün­ger ver­wen­det wer­den. Anpflan­zun­gen erfol­gen mit insek­ten- und vogel­freund­li­chen Sor­ten. Es wird gebiets­hei­mi­sches Saat­gut ver­wen­det. Die Ansied­lung von Insek­ten und Vögeln wird zudem durch Nist­hil­fen unter­stützt. Je nach Schutz­ziel wird eine Beson­nung erreicht, die mög­lichst bio­di­ver­se Lebens­räu­me för­dert. Ein gro­ßer Abstand der Modul­rei­hen kommt zum Bei­spiel Zaun­ei­dech­sen und bestimm­ten Heu­schre­cken­ar­ten zugu­te. Struk­tur­viel­falt durch Abschnit­te mit enge­ren Rei­hen­ab­stän­den kann hin­ge­gen Lebens­räu­me für Amphi­bi­en begüns­ti­gen.

Eine scho­nen­de Mahd oder Bewei­dung durch Scha­fe erhält Lebens­räu­me wie bei­spiels­wei­se Tro­cken­ra­sen. Auch ande­re land­wirt­schaft­li­che Nut­zun­gen wie Geflü­gel­hal­tung, die Gewin­nung von Bio­heu, Imke­rei oder der Anbau von Nutz­pflan­zen durch Gärt­ne­rei­en sind in Solar­parks mög­lich. Der­ar­ti­ge Mehr­fach­nut­zun­gen ermög­li­chen eine exten­si­ve Bewirt­schaf­tung in Kom­bi­na­ti­on mit Natur- und Kli­ma­schutz. Gut geplan­te Solar­parks wer­den so zu einem Gewinn für alle.

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